Wir waren in Wettin. Die Kleinstadt an der Saale, nördlich von Halle gelegen, könnte für Sachsens Tourismus eine zentrale Rolle spielen, befindet sich aber in Sachsen-Anhalt. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn warum sollte ein Land den Ursprungsort seiner Nachbarn feiern? Und warum sollte das andere Land Reisegruppen in einen Ort außerhalb seines Gebietes schicken?
Im Ergebnis bleibt Wettin, von übermäßigem Marketing verschont, ein ruhiges Landstädtchen in schöner Lage. Kein Touristen-Klimbim, dafür eine Burg hoch über der Saale. Man kommt nicht rein – die Anlage wird als Gymnasium genutzt -, kann jedoch das gemütliche Burg-Café besuchen und von dessen Terrasse aus über die historische Landschaft schauen.
In den Orten der Umgebung haben unter anderem alte Sakralgebäude überdauert – zum Beispiel die Stiftskirche auf dem Petersberg, die Dorfkirche von Lettewitz oder die Templerkapelle in Mücheln. Alles besuchenswert! Auch Landsberg mit seiner Doppelkapelle ist nicht weit.
Doch zurück nach Wettin: Unten am Fluss stehen kleine, bunte Häuser, bewegt sich eine Autofähre stetig hin und her. Oben am erstaunlich großen, aber als solchen kaum mehr genutzten Rathaus spaziert man fast alleine durchs „Zentrum“. Läden, Gaststätten und öffentliche Einrichtungen gibt’s nicht mehr viele. Kino, Post – geschlossen. Die „Kaufkraft“ fließt ab in den Supermarkt am Ortseingang oder gleich nach Halle oder Leipzig.
Wenigstens ein bisschen kommt zurück. Der Parkplatz an der Fähre füllt sich bei gutem Wetter mit Autos aus den beiden nahen Großstädten. Bei Silvano oder in Meyers Stuben/Alt-Wettin sitzen die Besucher. Am Fürstenzug, einer verkleinerten Ausgabe der Dresdner Herrscherparade des Hauses Wettin, die sehr gut in den Ort der Herkunft passt, sind wir jedoch wieder allein …
HB
PS.: Den selben Text, aber andere Bilder findet Ihr auf Geheimtipp Leipzig.