Das grüne Herz Zentral-Floridas
Nördlich der Themenparkmetropole Orlando liegt ein subtropisches Paradies, welches sowohl zu Fuß als auch mit dem Kanu erkundet werden kann. Einsame Flüsse und Palmenwälder lassen erahnen wie weite Teile Floridas vor Ankunft der Europäer ausgesehen haben müssen. Wenn man an Floridas Natur denkt, fallen einem wahrscheinlich in erster Linie tropische Inseln und endlos weites Sumpfland ein. Doch, dass der Bundesstaat auch ein gigantisches subtropisches Waldgebiet bietet, durchzogen von unzähligen Flüssen, welche durch riesige Quellen gespeist werden, wissen vermutlich nur die wenigsten. Für Naturfreunde, die gerne wandern, Kanu fahren und Tiere beobachten, bietet die Region perfekte Bedingungen. Speziell die Quellgebiete der Flüsse sind (in der Regel als kostenpflichtiger State Park oder Recreation Area) für Touristen erschlossen. So gibt es hier meist ein großes Badeareal, einen Bootsverleih, einen Campingplatz sowie Wandermöglichkeiten. Touristen, die über die Wintermonate in die Region kommen, können sogar Seekühe in den Flüssen und Quellen beobachten. Außerdem gibt es im Westen des Ocala National Forest eine verwilderte Affenpopulation.
Die Qual der Wahl
Da ich nur zwei Tage für die Region zur Verfügung habe und meine Unterkunft in Kissimmee bei Orlando liegt und ich daher eine recht weite Anreise habe, entscheide ich mich im Vorfeld für zwei der zahlreichen Ausgangspunkte für Wander- und Kanuausflüge. Meine Wahl fällt auf die Alexander Springs im Ocala National Forest und die weiter südlich gelegenen Wekiwa Springs, für welche ich mir jeweils einen Tag Zeit nehme. Die Auswahl dieser beiden Ziele geschieht eher aus dem Bauch heraus als aufgrund bestimmter Kriterien (als Informationsgrundlage dient mir die übersichtliche Website der Florida State Parks). So könnte ich ebenso zu den wahrscheinlich gleichfalls spektakulären Jupiter Springs, in den Silver River State Park oder nach Salt Springs fahren.
Alexander Springs
Schon die Fahrt von Orlando nach Alexander Springs über die Landstraßen ist ein toller Kontrast zu den langweiligen mehrspurigen Highways. Das erste Mal auf meiner Floridareise habe ich das Gefühl durch die Bilderbuchsüdstaaten zu fahren. Ich komme vorbei an hügeligen Wiesen und Feldern, an riesigen Farmen und an einsamen Tankstellenhäuschen an denen die Farbe abblättert, bis ich schließlich in einen tiefen Wald fahre. Dieser wirkt zu aller erst relativ trocken und versprüht wenig subtropisches Flair. Auf der weiteren Fahrt entdecke ich zahlreiche Schilder, die vor überquerenden Schwarzbären und Pumas warnen. Kurze Zeit später erreiche ich die Quellen, bzw. den dazugehörigen Park. Eine nette, ältere Rangerin nimmt sich am Parkeingang Zeit mir anhand einer Karte alle wichtigen Stationen des Parks (Recreation Area) zu zeigen.
Beim Baden auf Alligatoren achten
Ich stelle das Auto auf einem schattigen Parkplatz ab und komme nach wenigen Metern zu einer großen Picknick-Wiese mit Grillplätzen. Am unteren Ende der Wiese liegt die Alexander Springs, ein kleiner See bzw. ein Bassin mit Glas-klarem Wasser, umgeben von Palmen und anderen subtropischen Pflanzen. Der Anblick ist überwältigend. Da die Quelle kaum besucht ist kann ich in aller Ruhe baden. Das Wasser ist ganzjährig 20°C warm, was ich bei einer Außentemperatur von etwa 35°C sehr erfrischend finde. Je näher ich der eigentlichen Quelle komme, desto tiefer und blauer wird das Wasser. Direkt über der Quelle sprudeln enorme Wassermassen aus der Tiefe nach oben. Mit einer Taucherbrille kann ich dieses riesige Loch genauer betrachten. Zurück auf der Picknick-Wiese sehe ich einige Schilder, die selbst im ausgewiesenen Badebereich auf die mögliche Anwesenheit von Alligatoren aufmerksam machen. Da das Wasser aber klar ist und im Quellbereich eine gewisse Strömung herrscht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung am Tage sehr gering.
Wandern im größten subtropischen Wald der USA
Eigentlich möchte ich nach dem Baden ein Kanu mieten und den Alexander Springs Creek herunter fahren, doch leider bin ich (ca. 14°° Uhr) zu spät und es werden keine Boote mehr verliehen. Also entscheide ich mich für einen Rundweg. Schon wenige Meter im Wald habe ich das Gefühl hinter jeder Ecke könne ein Schwarzbär oder Puma lauern. Es ist ruhig, doch hallen ab und zu eigenartige, röhrende Rufe durch den Wald. Um mich herum stehen skurril gewachsene Palmettopalmen. Der Weg ist teilweise nicht mehr als ein Trampelpfad, weshalb Wanderkleidung zu empfehlen ist. Am Flussufer und an feuchteren Stellen ist der Weg aber als solider Holzplankenweg befestigt. Der Weg führt an einigen Stellen auf Holzstege in den Fluss hinein, von wo aus ich versuche einen Alligator zu entdecken. Doch bis auf zwei Waschbären, einige Geier und Unmengen an Grauhörnchen, sehe ich heute keine Tiere. Der Weg führt nach einiger Zeit weiter in den Wald hinein und es wird plötzlich sehr feucht. Da mich immer mehr Mücken plagen entschließe ich mich den Rundweg nicht weiter zu gehen und umzukehren. Letztendlich bereue ich es schon so früh wieder umgekehrt zu sein. Beim Verlassen der Alexander Springs unterhalte ich mich noch einmal kurz mit der freundlichen Rangerin, welche das Rätsel um die eigenartigen Geräusche im Wald löst. Es handelte sich um die Rufe von Kröten.
Wekiwa Springs
Mein zweites Ziel, welches ich am folgenden Tag besuche, liegt ein ganzes Stück näher an meiner Unterkunft. Damit ich mehr Glück mit dem Ausleihen eines Bootes habe, fahre ich schon zeitig los. Die Strecke geht dieses Mal hauptsächlich vorbei an typisch amerikanischen Vororten und ist wenig spektakulär. Da mein Navigationsgerät nur den Ort Wekiwa Springs, nicht aber den State Park findet, muss ich eine Weile durch den Ort irren bis ich den Park-Zugang durch Zufall finde. Auch hier ist das Angebot ähnlich dem in Alexander Springs (Parkplatz, Badeareal, Bootsverleih, Wanderwege) und auch hier erläutert mir eine freundliche Parkrangerin am Zufahrtsbereich den Aufbau des Areals. Anschließend suche ich mir einen schattigen Parkplatz. Der Quellbereich ist dieses Mal komplett durch einen Betonrand umgeben und die Picknick-Wiese befindet sich zu einem Großteil an einem steilen Hang. Es ist zwar insgesamt nicht unschön, die Quelle versprüht aber nicht den Charme von Alexander Springs.
Kanufahrt im Reich der Reptilien
In einem kleinen Laden abseits der Quelle miete ich ein Kanu. Von dort werde ich zu einem kleinen Strand am Fluss geschickt an welchen bereits ein Boot für mich bereit liegt. Ich schiebe das Boot ins Wasser und kann direkt losfahren. Eine lästige Einweisung oder zu beachtende Gebote werden mir nicht zuteil. Schon beim Losfahren bekomme ich ein beklemmendes Gefühl da der Fluss an dieser Stelle extrem breit ist und keine anderen Menschen zu sehen sind. Als ich die breite Stelle passiert habe wird der Fluss schmaler und ich sehe, dass die Ufer an beiden Seiten des Flusses von unzähligen Schildkröten bevölkert werden. Es ist unglaublich ruhig und ich begegne ewig keinem Menschen. Ringsherum ist nur Wald zu sehen. Da ich von Baumschlangen gelesen habe versuche ich die zahlreichen weit in den Fluss hängenden Palmettopalmen zu umfahren. Nach einiger Zeit kommt mir ein Kanu mit zwei Personen entgegen. Bei aller Sehnsucht nach Ruhe ist es schön doch ein paar Menschen zu sehen. Auf die Frage ob sie einen Alligator gesehen haben, antworten sie, dass ein Kleiner ein paar hundert Meter weiter auf einem umgekippten Baum läge. Wenige Minuten später liegt er tatsächlich direkt neben mir. Als ob mich das Tier erst sensibilisiert hätte, sehe ich danach etliche andere kleine Alligatoren. Einer kreuzt sogar direkt vor mir den Fluss. Auf dem Rückweg mache ich halt an einer Bar direkt am Fluss und obwohl hier ein Alligator unter einem Steg liegt, baden die Gäste der Bar nur wenige Meter neben ihm. Fast zurück am Anlegestrand, am Rand der besonders breiten Flussstelle, liegt plötzlich ein riesiger Alligator, bemerkenswerter Weise verschwindet er zügig als ich vorsichtig näher komme um ein Foto zu schießen. Da ich durch die Kanufahrt zu erschöpft bin die Wanderwege zu erkunden, verbringe ich den restlichen Nachmittag damit im Bassin der Wekiwa-Quelle zu baden und auf der Picknick-Wiese zu liegen.
Adressen:
Alexander Springs Recreation Area
49525 County Road 445
Altoona, FL 32702
GPS-Koord.: 29.078 / -81.58
Wekiwa Springs State Park
1800 Wekiwa Circle
Apopka, FL 32712
GPS-Koord.: 28.711 / -81.46
Reisetipp: Shark Valley
Ein 15 km langer asphaltierter Rundweg mit Aussichtsturm. Der Rundweg kann mit dem Trolley, dem Fahrrad oder zu Fuß erkundet werden. Neben der weitläufigen Sumpflandschaft gibt es natürlich unzählige Alligatoren zu sehen.
Im Tal der Haie
Obwohl ich bereits in Zentral-Florida viele Alligatoren gesehen hatte, wollte ich nun auch im bekanntesten Sumpf der Welt noch einige große Echsen entdecken. Da ich wieder nur sehr wenig Zeit für die Gegend opfern konnte, entschied ich mich dafür einen längeren Stopp am Shark Valley Loop einzulegen. Hierbei handelt es sich um einen 15 km langen Rundweg durch die Everglades, der auf halber Strecke einen Aussichtsturm bietet. Man kann sich entscheiden, ob man den Rundweg zu Fuß, per Trolley oder mit dem Fahrrad bewältigt. Da der Trolley natürlich gar nicht infrage kam und es zu Fuß in der prallen Sonne auch nicht so viel Spaß zu machen schien, wählte ich das Fahrrad. Schon nach dem schätzungsweise ersten km sah ich die ersten Echsen, jedoch nicht die erhofften Großen, sondern ca. ein Dutzend frisch geschlüpfte Tiere. Den ersten Riesenalligator sah ich ein paar km weiter. Er lag in einem Gebüsch und war (wie bereits die Jungtiere) zum Anfassen nah. Leider musste ich aufgrund eines Gewitters bereits nach kurzer Weiterfahrt umkehren, wobei ich nicht sonderlich unglücklich darüber war, da ich auf dem Rückweg noch drei größere Alligatoren zu Gesicht bekam. Insgesamt war der Ausflug sehr zu empfehlen, da man den Tieren (so fern man sich traut) sehr nah kommt. Auch die endlose Weite zieht einen in ihren Bann. Die Möglichkeit auf dieser Tour ein – in Florida nur selten anzutreffendes – Verkehrsmittel nutzen zu können, macht den Ausflug aber erst zu etwas wirklich Besonderem. Sicherlich ist auch die Aussicht vom Shark Observation Tower eine schöne Ergänzung. Für den (verkürzten) Fahrradausflug habe ich knapp 2 Stunden gebraucht, wobei man ständig anhält, weil irgendwo im Gebüsch etwas raschelt.
…Warum die Gegend Shark Valley heißt, weiß ich leider bis heute nicht…
Adresse:
36000 Southwest 8th Street
USA USA: Everglades NP
GPS-Koord.: 25.761 / -80.64
Text und Bilder: Christian Briglia