Ein tierisches Vergnügen
Wir sind in Sambia. Der Grenzübertritt von Namibia dauerte 90 Minuten. Immer wieder wurden wir quer durch eine Halle geschickt, wobei an jedem Schalter der Inhalt des Portemonnaies übersichtlicher wurde. Vor dem Eingang der Grenzabfertigung warteten die Nepper, Schlepper und Bauernfänger mit dicken Geldbündeln auf den Moment, dass uns das Bare ausgeht. Einen Geldautomaten hatten wir jedoch schon bei der Einfahrt ins Gelände entdeckt – sucht euch andere Opfer! Nach der fünften Zahlstation waren wir in Sambia angekommen. In Sesheke winkten uns fröhliche Menschen vom Straßenrand zu. Man hätte denken können, es sei ein Volksfest im Gange, es war jedoch nur ein ganz normaler Sonntag. Männer in schwarzen Anzügen, blütenweißen Hemden mit Schlips und Frauen in langen bunten Röcken kamen vom Kirchgang. Die Szenerie wirkte zwischen den graubraunen Lehmhütten und Rundbauten etwas unwirklich. Aber, ob Straßenverkäufer oder Revierend, die Leute sehen glücklich und zufrieden aus.
Wir umkurven hunderte Schlaglöcher und stehen nach einigen Stunden Fahrt in Livingstone. Das Städtchen an den Victoria-Wasserfällen wurde nach dem vermeintlichen Entdecker des Naturspektakels David Livingstone benannt. Die Campingplätze liegen außerhalb der Stadt und so entschließen wir uns, für ein paar Tage Fahrräder zu mieten. Die sehen zwar gut aus, fahren sich jedoch bescheiden. Beim kräftigen Antreten springt immer wieder die Kette über die Ritzel. Nachdem wir beide auch noch einen Platten haben, geben wir das Radfahren entnervt auf. Um trotzdem mobil zu sein, setzen wir unsere Wohnkabine ab und touren mit dem Nissan durch die Umgebung. Und die hat Einiges zu bieten:
Mit offenen Mündern stehen wir vor den Victoria-Wasserfällen. Donnernd stürzen die Wassermassen des Sambesi in eine hundert Meter tiefe Schlucht. Während es auf sambischer Seite relativ ruhig zugeht, ist am Hauptfall, der in Simbabwe liegt, nur Gicht und Nebel zu erkennen. Zahlreiche Wanderwege führen durch das Gelände. Auf Grund des niedrigen Wasserstandes können wir ein Stück in das Flussbett des Sambesi hineinlaufen – immer an der Abbruchkante zur Schlucht entlang. Es ist ein atemberaubendes Schauspiel. Elefanten erfrischen sich in den Wasserbecken des Flusses und Warane sonnen sich auf den grünen Inseln vor dem Wasserfall.
Der Sambesi River lädt zum Paddeln ein. Hier, einige Kilometer vor den Wasserfällen ist der Fluss sehr breit. Immer wieder ragen große Inseln aus dem Wasser. Sicher macht es Spaß, mit dem Kanu zwischen den Eilanden zu pendeln und die eine oder andere kleine Stromschnelle zu passieren. Als wir den Preis für die Bootsmiete hören, stockt uns der Atem. Für das Geld kann man in Deutschland ein kleines Kanu kaufen. Da wir schon einige Paddeltouren hinter uns haben, warten wir auf bessere, preiswertere Zeiten. Touristische Aktivitäten sind in Sambia recht teuer, und wir wollen die Reisekasse nicht unnötig belasten.
Der Mosi Oa Tunya – Nationalpark gehört, wie die Victoriafälle, zum Weltnaturerbe. Es ist kleiner, aber feiner Naturpark, der sich westlich von Livingstone am Ufer des Sambesi erstreckt. Babsi wünscht sich, grasende Flusspferde zu sehen. Die zogen es allerdings vor, sich in der Mittagshitze im Wasser zu tummeln. Stattdessen grasen immer wieder Elefanten am Fahrweg, sodass wir mehrfach auf anderen Routen die Herden umfahren. Mit unserem Auto schrecken wir im Busch einige Impalas auf. Im Gegensatz zu den Tieren im Etosha haben die Antilopen hier schwarze Fersen statt schwarzer Nasen. Wir stellen das Auto ab und schauen einer Herde Wasserbüffel beim Lunch zu. Als diese merken, dass wir sie beobachten, sind sie wie von Geisterhand im hohen Gras verschwunden. Das Flusspferd sehen wir später am Campingplatz. Es liegt faul in der Sonne und lässt sich von Vögeln die Parasiten aus dem „Pelz“ knabbern. Inzwischen sind uns einige Zweifel gekommen, ob das Absetzen der Wohnkabine eine gute Idee war. Die Überlegungen beginnen, als in der Morgendämmerung ganz in der Nähe unserer Behausung ein Baum umfällt. Begleitet von heftigem Rascheln im Blätterwald verdunkelt sich plötzlich die Lampe neben unserer Hütte. Ein Elefant rüsselt direkt neben unserem Küchenfenster den gerade gefällten Baum ab. Für uns ist es zum Frühstücken noch zu zeitig, jedoch beobachten wir mit Spannung, was das Tier wohl tut, wenn es mit dem Baum fertig ist. Mit unserer Wohnkabine auf ihren vier dünnen Stelzen hätte der Koloss ein leichtes Spiel… Tut er aber nicht! Vorsichtig hievt er seinen Körper aus der Gefahrenzone und widmet sich dem nächsten Baum mit ein paar grünen Blättern. Die größte Gefahr geht nicht von den Tieren selbst aus, sondern vielmehr von dem Gehölz, was sie bei ihren Fressorgien durch die Gegend schleudern. Als sich in der darauf folgenden Nacht das Schauspiel wiederholt, ziehen unsere Nachbarn fluchtartig aus ihrem Zelt in eine Hütte. Wir haben inzwischen viel mehr Angst vor einer kleinen Mücke, die um unsere Köpfe schwirrt. Willkommen im richtigen Afrika!