Unterwegs auf der Zuckerinsel
Wir sind mit dem Fahrrad unterwegs. Unser erstes Ziel ist das kleine Örtchen Pamplemousses. Nicht dass dort die gleichnamigen Früchte in Unmengen am Wegesrand wachsen – nein, vielmehr ist der Ort von Zuckerrohrfeldern umgeben. Immer wieder grüßen die Bauern am Wegesrand und freuen sich über einen kurzen Schwatz. So wundert es auch nicht, dass es in Pamplemousses eine Zuckerfabrik gibt. Die ist allerdings seit 1999 stillgelegt und dient heute als Museum. Von den ehemals über 100 Zuckerfabriken auf Mauritius existieren heute gerade mal noch rund ein Dutzend. Es ist billiger, die Ernte mit LKW’s zu den wenigen, noch verbliebene Betriebe zu bringen, als die alten Anlagen zu erhalten. So überholen uns auf der Radtour auch immer wieder größere und kleinere Lastwagen, die bis weit über das Fahrerhaus mit Zuckerrohr vollgepackt sind. In der ehemaligen Fabrik selbst bekommen wir einen sehr bildhaften Eindruck von der Verarbeitung der Zuckerpflanze. Neben den wichtigsten Endprodukten, wie Zucker und Rum werden auch die Blätter der Zuckerrohrpflanze nutzbringend verarbeitet.
Sie dienen als Material zum Decken von Dächern oder zur Herstellung von modischen Taschen. Und aus den Abfällen der Zuckerproduktion wird schließlich in Biokraftwerken Strom erzeugt. Die Pflanze wird also optimal verwertet.
Bevor wir weiter fahren verkosten wir noch den Rum, der in den umliegenden Fabriken hergestellt wird. Die Degustation ist im Eintrittspreis mit inbegriffen.
Einige Schritte vom Zuckermuseum entfernt schlendern wir durch den Botanischen Garten von Pamplemousses. Er beherbergt einige endemische Pflanzenarten und seltene tropische Gewächse aus aller Welt. Am Eingang bietet sich Anvar an, uns die Pflanzen zu zeigen und zu erläutern. Er spricht ein wenig deutsch und kennt mindestens genauso so viele böse Sprüche über seine Schwiegermutter, wie Gewächse im Park stehen. Wie muss er die Dame hassen…
Wir steuern unsere Drahtesel weiter gen Norden. Zum Besuch des Schlosses von Labourdonnaise bleibt leider keine Zeit. Noch bläst uns der Sturm ins Gesicht, aber wir frohlocken, dass sich das bald ändern wird. Durch Goodlands schieben wir die Räder. Die Straße ist eng, und schon am Mittag staut sich der Verkehr. Wir rasten an einer der zahlreichen Garküchen in der quirligen Kleinstadt. Für umgerechnet sechs Euro bekommen wir hier zwei schmackhafte Essen, die wir auf Grund der Menge nicht schaffen und jeder ein Getränk. Die Räder ächzen nach dem Lunch, aber inzwischen haben wir Rückenwind. Am kleinen Strand von Grand Gaube wird gefeiert. Die etwas älteren Damen begehen einen Geburtstag. Zu diesem Anlass wir Musik gemacht – nicht etwa aus Lautsprechern, wie die Jugend heutzutage. Denen fällt nichts mehr ein, meinen die Frauen. Und so holt jede ein kleines Instrument aus der Tasche, sei es eine Trommel oder ein Triangel, und beginnt darauf zu spielen. Wer kein Instrument dabei hat, tanzt einfach nach der Musik der anderen. Und nebenbei wird immer wieder mit Rum angestoßen, so wie es sich für einen Geburtstag gehört. Zwei Orte weiter herrscht eine andere Stimmung. In der berühmten Kirche am Kap Malheureux findet ein Trauergottesdienst statt. Das Gotteshaus ist brechend voll und vor der Kirche warten noch einige Dutzend Leute, die dem Verstorbenen die letzte Ehre erweisen wollen. So traurig der Anlass ist, strahlt die ganze Zeremonie doch eine gewisse Leichtigkeit aus, mit der die Anwesenden der Situation begegnen. Beeindruckend!
Für den Besuch der Southern Highlands ordern wir Saleem mit seinem Taxi. Die Tagesfahrt ist nur wenig teurer als ein Mietwagen und der Fahrer ist gleichzeitig ein fantastischer Fremdenführer. So bekommt Jörg als erstes eine Lektion über die Bedeutung der mauretanischen Autokennzeichen. Später stehen wir vor dem Jahrtausenddenkmal, das aus 1999 Steinen aufgebaut und zur Jahrtausendwende eingeweiht wurde. Einige Kilometer weiter setzt uns Saleem am größten Hindutempel der Insel ab. Hier können wir einer Zeremonie beiwohnen, bei der Früchte als Opfergaben gebracht werden. Die Affen auf den angrenzenden Telegrafenmasten lauern schon ob des ausgezeichneten Lunches, der ihnen da gerade serviert wird.
Schließlich ist der Weg zum Wanderparadies in der Black River Schlucht nicht mehr weit. Während unser Taxifahrer ein wohlverdientes Nickerchen hält, wandern wir in die Schlucht und bewundern zahlreiche Wasserfälle, die nach den üppigen Regenfällen der vergangenen Tage ins Tal donnern. Mauritius ist eine paradiesische Insel.