Winterglück im Weltnaturerbe
Fährt man an einem grauen Wintertag von Österreich kommend über den Brennerpass nach Italien, so wähnt man sich nicht selten in einer anderen Welt.Die Sonne scheint, der Schnee glitzert und es wird wärmer. Verlässt man bei Klausen die Autobahn und folgt der Straße in Richtung Grödnertal, gelangt man in eine bizarre Landschaft aus schroffen Felsen, langen Tälern, weiten Ebenen und lieblichen Orten. Man ist in den Dolomiten. Besonders im Winter ist diese Gegend bei Urlaubern sehr beliebt, gibt es doch hier das größte zusammenhängende Skigebiet der Welt.Am Tor zu den Dolomiten liegt die Seiser Alm. Hoch über den verschneiten Wiesen thront eines der auffälligsten und bizarrsten Dolomitmassive Südtirols, der Schlern. Die Felsgruppe, einst hochgehalten als des Sagenkönig Laurins Sitz, verlor einen Teil ihrer romantischen Poesie, als unter den Einheimischen Gerüchte von Hexen und Teufeln die Runde machten.Auf der Seiser Alm kommen besonders die Skilangläufer auf ihre Kosten. Gut 60 Kilometer gespurte Loipen aller Schwierigkeitsgrade ziehen jährlich Tausende auf die Hochebene. Und in so mancher Hütte mischt man zum Feierabend den Jagertee auch gern mal 1:1. Eine Attraktion der besonderen Art hält der „Zallinger“ bereit: Nach dem nicht ganz mühelosen Aufstieg zu dieser urigen Hütte bekommt man nicht nur typische Südtiroler Küche serviert, sondern auch einen Leihschlitten, um auf der mehrere Kilometer langen Rodelbahn vergnügt wieder zu Tale zu gelangen. Die Schlitten werden am Zielort einfach abgestellt, für den Rücktransport sorgt der Hüttenwirt, wenn die Fahrzeuge oben knapp werden. Wer es etwas steiler mag, ist am Raschötz in St. Ulrich gut aufgehoben. Gestartet wird an der Raschötz-Hütte in 2.163 Metern Höhe. Bergab werden dann über sechs Kilometer in rasanter Fahrt fast 1.000 Höhenmeter bewältigt. Noch länger als die Rodelbahn ist die Skiabfahrt vom Seceda nach St. Ulrich. Auf 10,5 Kilometern Talfahrt ist gute Kondition gefragt. Die strapazierten Muskeln können anschließend im Café Annatal ausgeruht werden; durch das Lokal geht die Piste kurz vor ihrem Ende mitten hindurch.Die Skipisten in den Dolomiten sind erstklassig gepflegt. So gibt es beispielsweise im familienfreundlichen Skigebiet von Alta Badia 391 Schneekanonen. Nacht für Nacht sind 41 Pistenraupen im Einsatz. Normalerweise werden die Abfahrten nach 17 Uhr bis Mitternacht präpariert. Wenn es danach noch einmal schneit, rücken die Fahrer ab 4 Uhr morgens wieder aus. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Superglatte Skistrecken liegen dann in der Morgensonne.Die eigentliche Attraktion für die Abfahrer ist das Skikarussell Dolomiti Superski: 1.200 Pistenkilometer in zwölf Skigebieten führen durch die majestätisch schroffe Schönheit der Berge. Zahlreiche Skigebiete sind untereinander verbunden. Auf der Sellaronda werden Abfahrtsträume wahr. Diese berühmte Skitour führt über gut 40 Kilometer durch vier Skigebiete um die steilen Felsen der Sellagruppe. Die Runde kann bei etwa gleicher Länge im Uhrzeigersinn (orange Markierung) oder umgekehrt (grüne Markierung) befahren werden. Von der Gesamtstrecke fährt man gut die Hälfte über einfache und mittelschwere Pisten, die andere Hälfte verbringt man auf Liften oder in Gondeln. Der geübte Fahrer braucht für die Runde gut vier Stunden, zur Hauptsaison sind geringe Wartezeiten an den Liften einzuplanen.Wer genügend Kondition und Zeit hat, kann über die alternative Sellaronda noch einige Abstecher machen. Verfahren kann man sich nicht, die Tour ist bestens ausgeschildert. Einen kritischen Blick zur Uhr sollte man allerdings nicht versäumen, um vor Pistenschluss wirklich an der Abfahrt zu stehen, die zum Ausgangspunkt zurückführt. Ansonsten lassen sich geschäftstüchtige Taxifahrer nicht lange bitten, den gestrandeten Skifahrer von einem Tal zum anderen zurückzubringen, ist doch die Autostrecke um ein Vielfaches länger als die Skipiste.Wem die Sellaronda eine Nummer zu groß ist, der findet zahlreiche kleinere Skitouren. Gut ausgeschildert führen themenbezogene Strecken durch die fantastische Bergwelt. Die meisten Pisten sind für den durchschnittlichen Fahrer gut zu bewältigen. Eine recht einfache Tour führt über die Seiser Alm.Wer ein wenig mehr Nervenkitzel sucht, der sollte im urigen Bergdorf Arabba Station machen. Von dort erreicht man über die spektakulären Abfahrten der Porta Vescovo die Marmolada. Die Felsgruppe ist mit rund 3.300 Metern der höchste Gebirgszug der Dolomiten. Eine gut zehn Kilometer lange Abfahrt vom Hauptkamm erfordert gutes Stehvermögen auf den Brettern.Während der Touren empfiehlt es sich, auf einer der zahlreichen Hütten die berühmte Südtiroler Küche zu probieren. Und wem es dort tagsüber zu voll ist, der lässt sich abends am prasselnden Kaminfeuer mit Speck, Käse und Wein aus der Region verwöhnen. Winterglück im Weltnaturerbe!JS