Die Wunderpflanze
Die Staubpisten nehmen kein Ende. Wir schaukeln wieder, zum Teil sehr langsam, durch die Cederberge. Die Landschaft ändert sich, als wir in das Tal des Olifants River kommen. Bei Citrusdal fahren wir, wie der Ortsname vermuten lässt, an kilometerlangen Zitronenhainen vorbei. Schon in den Bergen waren uns die Rooibos-Pflanzen aufgefallen, hier im Tal werden sie professionell angebaut. Wir steuern Clanwilliam an. Im Ort soll es eine Schuhfabrik geben, vielleicht kann man dort Jörg’s gebeutelten Wanderschuhen wieder Leben einhauchen. Vielleicht gibt es aber auch Neue – am Ende wird es beides… In der Tourist-Information der Stadt erfahren wir, dass die Roiboos – Teefabrik ganz in der Nähe liegt. Im Besucherzentrum des Werkes erfahren wir viel über die Pflanze, deren Verarbeitung und Anwendung. So sind wir beispielsweise völlig erstaunt, als man uns offeriert, dass Rooibos, äußerlich angewendet, wahre Wunder bewirken soll. So decken wir uns dann auch im Outlet store mit etlichen Lotions und Handcremes ein, die wir sonst sowieso im Supermarkt gekauft hätten.
Das Thermometer zeigt inzwischen 40 Grad an. Die letzte Nacht haben wir auf einem gammeligen Campingplatz in Clanwilliam verbracht. Bei 28 Grad hat keiner von uns geschlafen. Wir beschließen, zum Meer zu flüchten. Lampertsbay liegt in der Nähe, außerdem soll es dort eine der letzten Tölpel-Kolonien auf dieser Erde geben. Kurz vor dem Ort trauen wir unseren Augen kaum. Trotz strahlendem Sonnenschein zeigt das Thermometer nur noch 20 Grad an, die blanke Erholung nach dem Hitzeschock der letzten Stunden. Als sich gegen Abend aber Nebel breit macht, fühlen wir uns wie an einem schlechten Novembertag in Deutschland. Auch der nächste Morgen präsentiert sich eher grau, die Tölpel tauchen erst gegen Mittag aus dem Nebel auf. Höher als 16 Grad hat es das Thermometer heute noch nicht geschafft. Der Nebel hält sich in Sichtweite, um beim Schwächeln der Sonne sofort wieder einzufallen. Wir fahren zurück nach Clanwilliam, um nach einer Kaffeepause unsere Route nach Norden fortzusetzen. Wiederum trauen wir unseren Augen nicht, als innerhalb kürzester Distanz das Thermometer um 20 Grad ansteigt. Leider sehen wir auf der Strecke auch wieder die bekannten Rauchsäulen von den Wald- und Buschbränden.
Wir folgen in Richtung Norden dem Olifants River, vorbei an kilometerlangen Rooibos – Plantagen. Man hat hier Bewässerungskanäle angelegt, und im Flusstal wird einträgliche Landwirtschaft betrieben. In Klawer übernachten wir auf einem Bauernhof. Gänse, Enten und domestizierte Springböcke sind unsere Nachbarn. Es ist nach wie vor heiß und wir bleiben ein paar Tage in dem kleinen schattigen Garten. Die Internetseite hungert nach neuen Inhalten und Babsi wird von einer handfesten Grippe geplagt.
Vom Springbock nach Springbok: Während zum Frühstück im Garten die Tiere noch um unseren Tisch gesprungen sind, ist der gleichnamige Ort unser Ziel am Nachmittag. Er liegt etwa 100 Kilometer vor der namibischen Grenze im Namaqua – Land. Im Frühjahr sind hier wahre Blütenteppiche zu bewundern, jetzt im Herbst ist alles trocken und braun. Beim Einchecken auf dem Campingplatz macht uns der freundliche Mann an der Rezeption darauf aufmerksam, das in wenigen Minuten eine zweistündige Stromsperre zu erwarten ist. Fein – denken wir – da gehen wir in Springbok schön essen, und wenn wir zurück sind, ist der Strom wieder da. Ein gutes Lokal war schnell gefunden, was dort fehlte, war Strom. Die Auswahl an Speisen und Getränken ist aus diesem Grund sehr eingeschränkt, aber das Personal, solchen Kummer gewöhnt, macht das Beste daraus. Immerhin kann das Gasthaus einen Generator sein Eigen nennen, es war weit und breit das einzige Haus, wo Licht brannte.