Alltag in Rom

Alltag in Rom

Wohnen wie Einheimische

Im Hotel wohnen kann man immer, wenn man mal von den Kosten absieht. Interessanter schien uns da der Rom-Aufenthalt mit Übernachtung in einer Privatwohnung. Eine Freundin hatte davon erzählt und über eine weitere Freundin und deren Freundin Kontakt zu einer Italienerin, die tageweise in Rom vermietet. Also Billigflug gebucht und ein halbes Jahr lang vorgefreut. Wohnen wie Einheimische! Mittendrin!

Am Tage vor dem Abflug kam der Anruf: Sorry, geht nicht. Kurzfristig sei der Neffe in besagte Wohnung eingezogen, er studiere jetzt in Rom. Aha. Luft holen und ab ins Internet. Google, Ferienwohnung und Rom eingetippt. Kontakte ohne Ende! Wie war das eigentlich früher? Ohne diese Möglichkeiten? Wir haben Schwein, telefonieren und mailen und geraten an eine Frau, die deutsch spricht. – Wann? Morgen schon? Da muss ich nachsehen. Geht klar!

In der Nacht fuhren wir nach Berlin zum Flughafen Tegel. Kurz nach acht Uhr früh landeten wir in Rom, nahmen den Zug zum Bahnhof Termini und liefen dann eine Metrostation die Via Cavour entlang zur verabredeten Piazza. Und dort traf nach einem kurzen Telefonat – wie war das eigentlich früher, ohne Handies? – unsere Spontanvermieterin ein. Eine italienische Dame, aus Deutschland stammend, wie sie uns kurz darauf erzählte. Wir saßen mit ihr in der Bar bei Caffè und staunten. Über unser Glück, so schnell eine Unterkunft gefunden zu haben und über diese Frau. Sie begrüßte uns zunächst „auf italienisch“ mit Doppelwangenkuss, anschließend erzählte sie von sich und von Rom.

Mit 15 war sie nach Italien gekommen, zu ihrem Vater, einem Italiener, nach Neapel. Mit sechs hatte sie ihre Mutter verloren, „beim letzten Bombenangriff des Zweiten Weltkrieges“. Die Mutter starb in Frankfurt am Main, die Tochter war bei der Großmutter in Heidelberg – bis die starb und das Mädchen nach Neapel ging. Das Abitur machte sie mit Hilfe des Goethe-Instituts, mit 19 lernte sie ihren Mann kennen. Der war damals 23 und studierte. Die beiden heirateten, bekamen zwei Söhne und landeten irgendwann in Rom. Später heiratete der eine Sohn eine Mailänderin, der andere eine Sizilianerin …

Und während die polnische Putzfrau des einen Sohnes oben im Haus „unsere“ Wohnung wienerte, hörten wir unten in der Bar die Geschichte. Der Kellner sah auch polnisch aus, war aber Ukrainer und wollte mit Russisch („Balschoje Spasibo!“) nichts zu tun haben. Die Ukrainer hätten ihre eigene Sprache. Wir gingen hinauf, bekamen eine echte römische Innenstadtwohnung gezeigt – Holzdecken, Steinfußboden, klein, gemütlich. Und auf dem Tisch stand ein Kuchen, den hatte unsere Vermieterin, die uns bis eben gar nicht kannte, für uns gebacken. Unfassbar!

Wir waren für vier Tage und drei Nächte Römer (lieber vermieten die Einheimischen für sieben Nächte, Preis pro Nacht circa 80 Euro), wohnten drei Fußminuten vom Kolosseum und fünf vom Forum Romanum, waren von früh bis spät im Zentrum unterwegs unter schönen Römern und Römerinnen, Touristen, Bilder-, Taschen- und Quatschverkäufern, Polizisten, Katzen – und Jazzern, die abends auf dem Platz in der Nachbarschaft gemütlich jammten.

Klar waren wir am Trevi-Brunnen, auf der Piazza Navona, am Vatikan, der Spanischen Treppe und im Stadtteil Trastevere. Alles haben wir nicht gesehen. Aber wir kommen ja wieder, haben ja jetzt eine Wohnung in Rom …

Dieser Beitrag erschien zuerst im Stadtmagazin BLITZ! 10/2005. Seitdem flogen wir drei Mal nach Rom (die Fotos hier sind von 2009). Leider hat sich unsere Gastgeberin inzwischen vom Vermietungsgeschäft in den Ruhestand zurückgezogen – wir stehen aber nach wie vor in Verbindung.

 

Geschrieben am 21.02.2013 und abgelegt unter: Italien

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